Südliche Gerölle:
Text von Jan Kottner, Bilder von Matthias Bräunlich
1. Einleitung
Die Inlandvereisungen im Quartär
transportierten große
Mengen von Gesteinen (Geschiebe) nach Deutschland. Das Ursprungsgebiet
dieser glazifluviatilen Ablagerungen liegt in Skandinavien, das heißt
die Gesteine wurden durch das Inlandeis von Norden nach Süden
transportiert.
Vorher, bereits vom ausgehenden Tertiär (Miozän, Pliozän) an bis ins Quartär, wurden Gesteine von Flüssen aus südlicher Richtung in den Norden transportiert und als Schotter abgelagert. Da für den Transport dieser Gesteine in erster Linie das fließende Wasser verantwortlich war, bezeichnet man diese Gesteine als Gerölle. Die Vorstöße des Inlandeises zerstörten einen Großteil der ehemaligen Flussläufe und transportierten einzelne Gerölle wieder in südliche Richtung. Insofern ist die Bezeichnung „südliche Geschiebe“ (z.B. Grahmann 1934) auch nicht ganz falsch. Dementsprechend gibt es grundsätzlich zwei Fundmöglichkeiten von südlichen Geröllen:
Südliche
Gerölle
in Flussaufschotterungen
Es gibt Gebiete in denen die Ablagerungen bis zum heutigen Tag mehr oder
weniger ungestört
vorliegen. In diesen Ablagerungen findet man in der Regel keine oder
sehr wenige nördlichen
Geschiebe. Bewegt man sich in südlicher
Richtung, trifft man ungestörte
Ablagerungen immer häufiger
an.
Südliche
Gerölle
als Einzelfunde
Im sog. „gemengten
Diluvium“
(z.B. Bennhold 1939) kommen südliche
Gerölle
als Einzelfunde inmitten von nordischen Geschieben vor
2. Gerölle
Beispielhaft werden im folgenden ausgewählte südliche Gerölle
vorgestellt, welche im Raum Berlin-Brandenburg vorkommen.
Für einen Teil
dieser Gerölle ist das Herkunftsgebiet, der Weg und die Zeit des
Transports relativ gut rekonstruiert worden (z.B. ehemalige Elbeläufe,
siehe Abbildung,
160 kB).
Über die genaue Herkunft und die zeitliche Einordnung
anderer Gerölle ist bis jetzt noch wenig bekannt (z.B. Gerölle der Oder).
2.1. Lydite sind die südlichen Gerölle.
Die charakteristischen Gesteine
sind tiefschwarz, dicht und sehr hart. Ihr Bruch ist muschelig bis
splittrig. Sie werden von sekundären
dünnen
Quarzgängen
durchzogen.
Der Begriff Kieselschiefer sollte nicht benutzt werden, da es sich nicht um einen Metamorphit,
sondern um ein Sedimentgestein handelt.
Lydite
sind z.B. in Sachsen weit verbreitet.
Der rechts abgebildete Lydit stammt aus Langenstriegis bei Chemnitz.
S. Adolph legit
(Mehr zu Lyditen finden Sie hier)
2.2 Quarz:
Quarz kommt in
unglaublich vielen Varietäten vor.
Grundsätzlich ist es nicht möglich,
südliche von nördlichen Quarzen zu unterscheiden. Kommen in einem
Aufschluss ungewöhnlich viele Quarze möglicherweise zusammen mit
Lyditen oder anderen südlichen Geröllen vor, dann ist das ein
entscheidender Hinweis, dass es sich um südliche Quarze handeln könnte.
Südliche Quarze sind durch winzige Einschlüsse von Flüssigkeiten und Gas
oft weiß und trüb, weshalb diese als Milchquarze bezeichnet
werden. Milchquarze sind in hydrothermalen Lagerstätten (z.B.
Erzgebirge) weit verbreitet.
Weiterhin
kann man besonders charakteristische südliche Quarzgerölle
unterscheiden:
Kasten-
oder Zellenquarz:
Die Gerölle haben ein gegittertes Aussehen. Auf der Oberfläche finden
sich charakteristische eckig begrenzte Hohlräume, welche wahrscheinlich
durch die Auswitterung von Schwerspat entstanden sind.
Streifig
durchscheinende Gangquarze:
Auf der Oberfläche der Gerölle kann man durch die unterschiedliche
Trübung der Quarzmasse sehr deutlich nahezu parallele Streifen erkennen.
Der abgebildete streifige Quarz ist ein Odergeröll und stammt aus Krolow bei
Forst.
(Sammlung Kottner)
2.3 Basaltische Gesteine:
Ähnlich wie beim Quarz können basaltische Gesteine sowohl aus dem Norden (z.B. Basalt von Schonen) als auch aus dem Süden (Böhmisches Mittelgebirge) kommen. Sie sind unter Umständen zumindest makroskopisch nicht voneinander zu unterscheiden. Hesemann (1975) spricht in diesem Zusammenhang von „Doppelgängern“ (S. 151). Beim Verdacht auf ein südliches Geröll empfiehlt es sich, auf weitere typische südliche Gerölle zu achten (z.B. Lydite).
Ein sehr
charakteristischer Vertreter aus dem Böhmischen Mittelgebirge hat eine dichte,
tiefschwarze, splittrig brechende Grundmasse. Darin befinden sich zahlreiche bis
1,5 cm große idiomorphe Augiteinsprenglinge. Auf der hell, teilweise graubraunen
(„verrosteten“) verwitterten Gesteinsoberfläche treten die Augiteinsprenglinge
deutlich hervor und sind teilweise herausgewittert. Diese Gesteine werden auch
als „Tephrit“ bezeichnet. Basalte von Schonen tendieren eher zu einer dünnen
hellgrauen Verwitterungsrinde (Schüller, Müller 1937).
Das Bild zeigt einen Basalt aus Böhmen, der nordöstlich von Berlin in
Hohensaaten an der Oder gefunden wurde..
(Sammlung Kottner)
2.4 Konglomerate:
Es gibt sowohl
„nördliche“ als auch „südliche“ Konglomerate. Teilweise sind sie nicht
voneinander zu unterscheiden, teilweise gibt es typische Vertreter, welche
leicht zuzuordnen sind. Ein klassisches nördliches Geschiebe ist zum Beispiel
das „Digerberg-Konglomerat“. Ein bekanntes südliches Geröll ist das sog. „Třemošnakonglomerat
?“ *) (Genieser 1953).
Charakteristischer Weise befinden sich in südlichen Konglomeraten neben
zahlreichen Quarzgeröllen (insb. Milchquarze) auch Lyditgerölle. Diese Lydite
können klein („Stecknadelkopf“) oder relativ groß sein. Solche Konglomerate
werden als „Quarz-Lyditkonglomerate“ bezeichnet und stammen aus Böhmen.
Das Bild zeigt ein solches Konglomerat, das wir beide auf einer Exkursion in der
Nähe von Calau bei Cottbus gefunden haben.
Mehr Bilder von diesem böhmischen Kongomerat finden Sie hier:
Ein besonders leicht zu erkennender
Vertreter der böhmischen Konglomerate hat eine gelblichbraune Grundmasse, die
durch den Einschluss zahlreicher kleinster Quarzkörner „schaumig“ aussieht.
Dieses Geröll wurde von Genieser (1955) als „Tertiärquarzit?“ *) bezeichnet.
*) Die Fragezeichen stammen von Genieser und werden wegen der korrekten Zitation
beibehalten. Anm. Bräunlich
Tephrit: Ein Tephrit ist ein Gestein aus der Basaltgruppe, das mehr als 10 %
Foide (Feldspatvertreter) enthält und einen Olivingehalt von unter 10 %
aufweist. Bei einem höheren Olivingehalt spricht man von Basanit.
Literatur
Bennhold W 1940 Zwei neue Vorkommen südlicher Kiese in der Umgebung von Berlin bei Zossen und Fürstenwalde/Spree - Zeitschrift für Geschiebeforschung und Flachlandgeologie 16: 20-30, Leipzig.
Genieser K 1953 Einheimische und südliche Gerölle in den Deckgebirgsschichten von Dobrilugk - Geologie 2: 35-57, Berlin
Genieser K 1955 Ehemalige Elbeläufe in der Lausitz - Geologie 4: 223-279, Berlin.
Grahmann R 1934 Bemerkungen über das Auftreten von Basalt- und Phonolithgeröllen in Norddeutschland - Zeitschrift für Geschiebeforschung und Flachlandgeologie 10: 163-166, Berlin.
Hesemann J 1975 Kristalline Geschiebe der nordischen Vereisungen - Geologisches Landesamt Nordrhein-Westfalen, Krefeld.
Schüller A, Müller H 1937 Über Geschiebe südlicher Herkunft aus der Umgebung von Berlin - Zeitschrift für Geschiebeforschung und Flachlandgeologie 13: 28-39, Leipzig.